Und er begehrte, Jesus zu sehen Lk 19,1-10

Harkebrügge ist ein kleiner Ort im katholischen Landkreis Cloppenburg. Dort habe ich im Schichtdienst bei Bell Food gearbeitet. Abraham Schinken wird dort verpackt. Kurz vor der Fabrik steht am Straßenrand ein großes Kruzifix. Auf dem Weg zur Arbeit fuhr ich oft an diesem Kreuz mit dem Gekreuzigten vorbei. Dies Kruzifix hat mir eines späten Abends die Augen geöffnet für eine Erkenntnis, die mich bis heute prägt und begleitet. Als ob der Gekreuzigte selbst zu mir sprach. „Wer sieht mich? Wer sieht mich hier im Dunkeln am Feldrand?“  Der Prophet Jesaja sagte über den Gekreuzigten: … Er hatte keine Gestalt und keine Pracht; wir sahen ihn, aber sein Anblick gefiel uns nicht. Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er, und wir achteten ihn nicht. Jes 53.2f Und wenn ich heute an dies Kreuz an der einsamen Landstraße denke, denke ich an diese Erkenntnis: 

Das tiefe Bedürfnis jedes Menschen ist gesehen zu werden.  Menschen möchten gesehen werden! Menschen möchten richtig gesehen werden.

So lange ich lebe möchte ich gesehen werden. So lange du lebst, möchtest du gesehen werden. Wir möchten gesehen werden mit allem, was uns zu dem einzigartigen Menschen macht, der wir sind. Wir möchten gesehen werden mit unserer Vergangenheit. Wir möchten gesehen werden mit unseren Ängsten, Sehnsüchten, unseren inneren und äußeren Narben, unserer Schuld und unserem Versagen, unseren Talenten und allem Potential, das in uns steckt. Facebook und Instagram sind erfolgreich, weil Menschen von anderen Menschen gesehen werden möchten – auch wenn das Sehen und Gesehen werden dort oft oberflächlich bleibt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir möchten von Gott gesehen werden. Hagar sagt über diesen Gott: Du bist ein Gott, der mich sieht. 1 Mose 16 Gott sieht dich! Das ist die Botschaft der Bibel.

Im Aaronitischen Segen werden wir daran erinnert. So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet: Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. In der Hfa Bibel steht hier: Der HERR blicke dich freundlich an und sei dir gnädig!

Das ist und bleibt das schönste Erlebnis von Zachäus. Er, der von niemandem gern gesehen wurde, wurde von Jesus gerne gesehen. Zachäus erlebte genau das: Der HERR blickte mich freundlich an und war mir gnädig! Was kann einem Menschen Besseres widerfahren als von Gott selbst freundlich angesehen zu werden! Zachäus, der in den Augen der meisten der Sünder war, war in den Augen von Jesus ein Sohn Abrahams. Er, der verachtet war, wurde von Jesus beachtet und geachtet. Jesus sah Zachäus mit anderen Augen. Jesus sah Zachäus so wie Zachäus sich wünschte gesehen zu werden. Jesus sieht dich, so wie du dir wünscht, gesehen zu werden. Es begann mit der Sehnsucht von Zachäus, Jesus zu sehen. Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt.

Advent bedeutet Ankunft oder Kommen und bedeutet für Christen das Kommen des Herrn und die Vorbereitung auf seine Wiederkehr. In Jericho war auch Advent, Jesu kam zu den Menschen. Alle wollten Jesus sehen. Dafür nahmen sich viele Menschen Zeit und unterbrachen ihren Alltag. Für Zachäus war es auch Advent. Der Herr selbst kam zu ihm, dem Sünder, zu ihm dem Zöllner, in sein Haus, an seinen Tisch, in sein Leben. Jesus kam zu dem, der in den Augen der Menge es am wenigsten verdiente. Er verdiente es überhaupt nicht.

Aber zuerst musste Zachäus das Problem mit der Menge lösen. Er war klein. Und die Menge dachte nicht daran, für den kleinen Zöllner Platz zu machen. Ob Zachäus an das deutsche Sprichwort gedacht hat? Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Also, hat man schon ein schlechtes Ansehen, einen gewissen Ruf, kann es ja nicht mehr schlimmer werden und man kann ohne Hemmungen tun, was man will, braucht keine Rücksicht mehr auf Sitte und Anstand zu nehmen. Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um ihn zu sehen. Weil der kleine, reiche Zachäus auf einen Baum geklettert war, um Jesus zu sehen, erblickte Jesus Zachäus. Gott allein weiß, wie viele Menschen sich von anderen Menschen davon abhalten lassen, Jesus zu sehen und kennenzulernen. Wäre Zachäus heute hier, ich bin mir sicher, er würde sagen: „Wer hindert dich daran, Jesus zu sehen? Wer versperrt dir den Blick auf Jesus? Viel mehr Menschen sollten auf Bäume klettern und darauf pfeifen, was andere denken oder sagen. Lass die anderen doch lachen und spotten. Jesus in deinem Haus zu haben ist es allemal wert.

Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.

Vom Murren und Schimpfen der Menschen hat Jesus sich nicht hindern lassen, Zachäus zu besuchen. Jesus trifft nie Entscheidungen, um Erwartungen anderer zu erfüllen. Jesus nahm es in Kauf, Menschen zu verärgern, weil er sich allein am Willen seines Vaters orientierte. Jesus nimmt auch heute das Murren der Menschen in Kauf. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

So schnell kann die Stimmung der Menge kippen. Da sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. Die vielen murrten. Sie waren böse auf Jesus. Sie machten dem Vorwürfe, den sie gerade in der Stadt willkommen heißen wollten. Aber der eine freute sich: Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden.

Gestern hat meine Kollegin Tania aus der Ukraine einen ungewöhnlich großen und schönen Weihnachtsstern entdeckt. Sie kam damit zu mir und fragte mich auf ukrainisch und mit Gesten, ob sie den behalten darf. Ja, durfte sie. Und dann freute sie sich sehr über diesen einen außergewöhnlich schönen, prachtvollen Weihnachtsstern! Bis zum Feierabend trug sie den Topf mit sich wie einen Schatz. 50.000 Weihnachtssterne haben wir gepackt an drei Tagen. Aber dieser eine Weihnachtsstern machte Tania glücklich, sie strahlte vor Freude über diese Pflanze.

An diesem Tag war es Gottes Freude, Zachäus zu begegnen und zu erleben, wie er umdenkt und Schaden, den er anderen zugefügt hat, wieder gut macht. Jeder Mensch ist von Gott geliebt! Du bist von Gott geliebt. Er kennt dich und deinen Namen. Er sieht dich. Jesus liebte Zachäus und sah Zachäus, wie Zachäus gesehen werden wollte. Dahin möchte ich immer mehr kommen, so möchte ich immer mehr werden – wie Jesus. Paulus sagt es so: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. L84…. Darum hat er auch von Anfang an vorgesehen, dass ihr ganzes Wesen so umgestaltet wird, dass sie seinem Sohn gleich sind. Er ist das Bild, dem sie ähnlich werden sollen, denn er soll der Erstgeborene unter vielen Brüdern sein. Röm 8,29 NGÜ

Werde wie Tania. Sieh die Schönheit im anderen Menschen. Sieh die Menschen wie Jesus sie sieht.

Hinterlasse einen Kommentar