Weil ich dich liebe 1 Kor 16,14

Warum tust du das,? fragte Anne auf Green Gables empört und aufgebracht ihre Adoptivmutter Marilla, als diese ihr etwas vehement verbot. In dem verfilmten Kinderbuch der kanadischen Autorin Lucy Maud Montgomery, dessen Erstausgabe 1908 erschien, begegnet mir diese Situation. Warum tust du das? ist oft eine berechtigte Frage. Wann hast du dich zuletzt gefragt, warum tu ich das?

Wie aus der Pistole geschossen kam die Antwort von Annes Adoptivmutter Marilla: „Weil ich dich liebe.“ In dieser einen Frage und der Antwort wird Wichtiges über den Menschen und die Liebe erkennbar. Menschen sind auf Liebe angewiesen, auch Liebe, die Grenzen aufzeigt, die Nein sagt, die unbequem ist. Menschen brauchen diese Liebe bist zu ihrem Tod. Liebe ist nicht immer auf den ersten Blick als Liebe zu erkennen. Und Liebe ist nicht immer angenehm und schön. Liebe ist aber immer und in allem wichtig als die Motivation im Blick auf unser Miteinander. Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen!  1 Kor 16,14

Wenn du gefragt wirst, „Warum tust du das?“ möge deine Antwort sein, „Weil ich dich liebe.“ Das bleibt jeden neuen Tag die Herausforderung. Und sie wird nur da ernst genommen, wo sich Menschen die Zeit nehmen und über sich und ihr Tun nachdenken. Warum? Weil Liebe das höchste Gebot ist. Das bedeutet:

Das Liebesgebot ist eine Einladung zur Selbstbesinnung

So ist das Gebot, Liebe zu leben, zuerst eine Einladung, täglich darüber nachzudenken: Habe ich heute in Liebe geredet, gehört, gehandelt, geschwiegen? Haben Menschen heute durch mich erfahren, dass sie wichtig sind und ich berufen bin, ihnen zu dienen? Habe ich heute meinen Glauben als Christ gelebt?

Wir machen uns schuldig, wo wir Menschen und Gott diese Liebe schuldig bleiben. Seid niemand etwas schuldig, außer dass ihr einander liebt; denn wer den anderen liebt, hat das Gesetz erfüllt. (Römer 13.8)

Von welcher Liebe spricht Paulus? Von der Agape Liebe. Definition: Agape Liebe ist in erster Linie darum bemüht, für das Wohlergehen des Geliebten zu sorgen egal, in welchem Zustand der Geliebte sich befindet oder welche Reaktion von dem Geliebten kommt.

Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen! Das ist Gottes guter Wille – dass ich liebe. An jedem Tag in diesem Jahr. In allem, was ich für andere tue soll Liebe erfahrbar werden. Das ist nicht nur die Jahreslosung. Das ist die Losung für das ganze Leben als Christ. Christen sind berufen, Menschen zu lieben. Du bist von Gott berufen zu lieben. Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. Joh 13,34f

Ganz ehrlich, mich trifft dieses Wort. Ich finde es unfassbar, dass mir zugetraut wird, zu lieben wie Christus geliebt hat. Doch nicht weniger steht hier und an anderen Stellen. Ich kann und soll lieben, wie Christus geliebt hat. Immer ist die Liebe des Retters Jesus Christus der Maßstab und die Orientierung. Du kannst lieben! Schau auf Christus.

Das Liebesgebot ist eine Einladung, aufs Kreuz zu schauen

In vielen weltlichen und christlichen Liedern wird diese Liebe besungen und beschrieben. So auch in dem alten Lied, das August Dietrich Rische 1852 dichtete: Gott ist die Liebe, lässt mich erlösen, Gott ist die Liebe, er liebt auch mich. Die Liebe hat Kraft, Menschen zu erlösen von dem Bösen, von Sucht, von der Last der Schuld, von Verzweiflung, von allem, was Trennend zwischen Menschen gerät. Liebe erlöst Menschen. Christen tragen immer da zur Erlösung bei, wo sie lieben und damit Brücken bauen und die Hand reichen. Petrus begründet das Gebot der Liebe so: Vor allen Dingen habt untereinander beständige Liebe; denn »die Liebe deckt auch der Sünden Menge« (Sprüche 10,12). 1 Petr 4,8 Liebe ist eine Kraft, die Schuld ansprechen und vergeben kann, so dass das Trennende entmachtet wird.

Dieser Liebe verdanke ich mein Leben, meine Freiheit, meine Hoffnung. So hat Gott mich geliebt. So liebt Gott dich. Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh 3,16

Diese Liebe hat Kraft, zu geben. Sich selbst zu geben. Opfer zu bringen. Auch mit dem Risiko, dass das Geschenk verschmäht wird. Immer ist der Maßstab die Liebe Gottes für mich: So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch. Eph 5,1f

Liebe, hast du es geboten, dass man Liebe üben soll, o so mache doch die toten, trägen Geister lebensvoll; zünde an die Liebesflamme, dass ein jeder sehen kann: wir als die von einem Stamme stehen auch für einen Mann. (Graf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf)

Das Liebesgebot ist eine Befähigung, segnend zu leben

Der Kern dieser Agape Liebe sind die Gewissheit und der Glaube: jeder Mensch ist von Gott gewollt und geliebt. Jeder Mensch ist wertvoll und wichtig. Zu jedem Menschen sagt der Liebende: Es ist sehr gut, dass es dich gibt. Es ist gut, dass du da bist. Du bist wichtig. Du bist mir wichtig, du bist wertvoll. Du bist liebenswert. Darum sehe ich dich mit anderen Augen. Darum zeige ich dir Respekt und glaube, dass Gott dich mit Absicht in mein Leben gestellt hat. Und ich bin überzeugt, Gott möchte und kann mich als Werkzeug seines Segens gebrauchen.

Wir haben meinen Vater vergangene Woche zu seinem 94. Geburtstag besucht. Vermutlich war es der letzte Besuch. Er liegt seit ein paar Wochen nur noch, kann sich nicht mehr selbst im Bett drehen, isst wenig, hat stark abgenommen. Und doch erfährt er Liebe. Meine Schwestern und meine Nichte, die Krankenschwester ist, helfen auf jede erdenkliche Weise. Sie zeigen einem Menschen Liebe, der nichts mehr kann und nichts mehr leistet. Das ist selbstverständlich, oder? Mit Tränen in den Augen dankte mein Vater für diese Liebe. Das ist für mich ein Beispiel der Liebe Gottes, die mehr sieht als vor Augen ist, die hilft und sorgt. Ja, auch alte, sterbende, kranke, behinderte Menschen sind liebenswert und wertvoll.

Die Liebe hört niemals auf. (1 Kor 13) Die Sehnsucht des Menschen ist immer geliebt zu werden. Das Glück des Menschen ist immer geliebt zu werden. Und die Herausforderung des Menschen ist immer zu lieben. So ist diese Wahrheit ein wichtiger Teil des christlichen Menschenbildes. Menschen sind und bleiben auf Liebe angewiesen. Und die frohe Nachricht lautet: Gott wird nie aufhören, dich zu lieben. Ich bleibe geliebt. Du bleibst geliebt. Welch eine wunderbare Gewissheit! 

Liebe ist die Kraft, die uns schützt, von Gott und Menschen geschieden zu werden! Wenn uns nichts von der Liebe Gottes, also von Gott trennen kann, sollte die Gemeinschaft von Christen alle Herausforderungen und Konflikte als Chance sehen. Christliche Gemeinschaft stiftet Hoffnung für Menschen in Konflikten.

Denn ich bin mir gewiss: Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Hohes noch Tiefes noch irgendein anderes Geschöpf vermag uns zu scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn. Römer 8

Willst du dies Gebot ernst nehmen? Willst du das?

Dann setz dich zweimal in der Woche hin und denk über dies Gebot nach. Frag dich, wie durch dich die Agape Liebe erfahrbar wurde. Wo hast du Gelegenheiten gehabt, Liebe zu zeigen? Schreibe auf, wo du Liebe gezeigt hast, wo nicht. Schreib auf, wo du Liebe erfahren hast, wie du Liebe erfahren hast. Schreib auf, was du über dich gelernt hast, erkannt hast. Und schreib es auf, wo du wie in Zukunft Liebe zeigen willst. Denke über deine Begegnungen und Gespräche nach und frag dich, „Warum tu ich das?“ Wo kannst du ehrlich sagen, „Weil ich dich liebe.“

Christus kleidet dich

Galater 3,23-29

Pastor Ernst Modersohn erzählt: Zu Beginn des 1. Weltkrieges hielt ich einen Gottesdienst in Baden. Da lernte ich einen jungen gläubigen Mann kennen, der auch zum Heer eingezogen wurde. In jener Zeit wurden dort so viele Soldaten einberufen, dass man nicht genug Uniformen hatte. Längst abgelegte Uniformen wurden wieder hervorgeholt. Die Uniform des jungen Mannes ließ kaum mehr erkennen, dass sie einmal blau gewesen war. Es war ein Jammerbild, das er bot. Nach acht Tagen sah ich ihn wieder. Und zwar in einem wundervollen blauen Waffenrock. Ich kannte ihn fast nicht wieder. Als ich ihn scherzhaft beglückwünschte zu seiner Beförderung, sagte er sehr ernst: „Das ist die Uniform eines gefallenen Soldaten, die ich geschenkt bekommen habe. Sie paßt mir zufällig.“ Das war mir eine Predigt, die ich nie vergessen habe. Die erste Uniform zerrissen und verbraucht, das ist ein Bild von unserer eigenen Gerechtigkeit. So sehen wir aus vor Gott: Jammervoll, erbärmlich. Wir müssen uns die Uniform des gefallenen Soldaten schenken lassen. Du weißt, was ich meine. Der gefallene Offizier ist Jesus. In der Schlacht von Golgatha ist er gefallen. Seine Uniform müssen wir tragen.

Christi Blut und Gerechtigkeit; Das ist mein Schmuck und Ehrenkleid; damit will ich vor Gott bestehn; wenn ich zum Himmel werd eingehn.

Ohne Jesus Christus sind wir vor Gott wie dieser Soldat in seiner alten, verbrauchten Uniform: unwürdig, schäbig, widerlich. An diesem Zustand können wir nichts ändern! So kann Gott dich nicht annehmen. Die gute Nachricht lautet: Jesus hält dir ein ganz neues und wunderschönes Gewand hin, das du anziehen sollst: sich selbst! Und wer an Jesus glaubt, ihn als seinen Herrn annimmt, der wird ein neuer Mensch, ein Kind Gottes, ein Kind Abrahams.

Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen. Galater 3

In der Taufe feiern wir diese umfassende und dauerhafte Neueinkleidung. „Kleider machen Leute“ heißt ein Sprichwort. Gute Kleidung erhöht die Wirkung eines Menschen auf andere Menschen. Mit entsprechender Kleidung kannst du Menschen beeindrucken oder abschrecken. Ja, Kleider machen Leute. Aber Jesus macht neue Menschen! Niemand kann Gott mit Kleidung beeindrucken.

Wie also kann ein Mensch Gott gefallen? Paulus sagt: Religiöse Menschen wollen Gott gefallen, indem sie nach seinen Geboten leben. Ehe der Glaube kam, waren wir im Gefängnis des Gesetzes, festgehalten bis zu der Zeit, da der Glaube offenbart werden sollte. So hat das Gesetz uns in Zucht gehalten bis zum Kommen Christi, damit wir durch den Glauben gerecht gemacht werden. Gal 3,23f

Der Prophet Jesaja freut sich über die Kleider der Rettung: Ich freue mich im HERRN, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet Jes 61,10; Und immer sind die Kleider aus Gnade und Liebe geschenkte Kleider! Und sie erheben den Träger in eine Ehrenstellung. Die Kleidung ist also sehr wichtig. Sie zeigt Wesen, Würde und Stellung des Trägers. Wer Christus angezogen hat, ist mit seiner Würde und seinem Wesen gekleidet, hat Teil an Ihm. Das wird in der Geistestaufe vollzogen, dem Einswerden mit Jesus. Der Glaube macht Menschen vor Gott gerecht (V.24), nicht die Taufe. Hier betont Paulus den Glauben, der Menschen vor Gott gerecht macht (5x). Die Taufe bezeugt den persönlichen Glauben eines Menschen. Darum lehren und praktizieren wir die Glaubenstaufe! Glaube und Taufe gehören zusammen. Die Taufe demonstriert: „Dieser Mensch gehört ganz zu Jesus. Jesus gibt ihm/ihr eine neue Identität.“

Zeugenschutzprogramm: Wer in die Obhut des Programms kommt, muss sein altes Leben vollständig aufgeben. Haus, Arbeit, teilweise Familie und Freunde. Er muss seine Identität ablegen und eine neue annehmen. Nur Ehepartner und Kinder dürfen – und müssen – mit, weil jede Spur zum Zeugen ausgelöscht werden muss. Jährlich kommen 30 Männer und Frauen ins Zeugenschutzprogramm und werden sieben Jahre lang betreut. Sie bekommen neue Wohnorte, Lebensläufe und Arbeitsplätze. Und sie müssen kooperieren – ohne wenn und aber. „Wer nicht kooperiert, fliegt aus dem Programm“. Der Rechtsanwalt Christian Siegismund, der eine Doktorarbeit zu dem Thema verfasst hat, schätzt die Menschen in der Bundesrepublik, die in Zeugenschutzprogrammen sind, auf bis zu 1500.

Die Taufe ist ein Sünderschutzprogramm Gottes.  Die Taufe als geistliches Ereignis der Bekehrung, der geistlichen Neugeburt. Wer getauft ist in Christus ist ein neuer Mensch, ein Mensch, der mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet ist, ein Kind Gottes: Denn ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus. (Gal 3,26) Der Ankläger kann uns nichts anhaben. Wir tragen die beste Uniform, die ein Mensch tragen kann.

Du bist mein – Jes 43

Vor ein paar Tagen habe ich in der Gärtnerei einen großen Wassertank geleert. Zum Schluss war auf dem Boden viel Schlamm und im Schlamm glitzerte es silbern und golden. Nein, ich war nicht auf Edelmetall gestoßen. Das war Glitzer von den Weihnachtssternen der letzten Jahre.

Und ich dachte: welch ein Kontrast, der Schlamm und das silbern und golden glitzernde „Edelmetall“! Wertloser Schlamm zusammen mit wertvollem Silber und Gold. Wertvolles inmitten von wertlosem. Wie sehe ich mich, mein Leben und meine Erlebnisse? Wie sehe ich andere Menschen? Bestimmt mein Umfeld darüber, wie ich über mich denke? Wie denkst du über dich?

Petrus schreibt, Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereit ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus.1 Petr 1,3-7

Unser Glaube muss sich bewähren. Immer geht es in Anfechtungen auch um die Frage, Wer bin ich? Wie zeige ich hier und jetzt, wer ich bin? In jeder Anfechtung liegt darum eine Chance. Das ist der Sinn von Prüfungen, Krisen und Problemen. Meine Brüder und Schwestern, erachtet es für lauter Freude, wenn ihr in mancherlei Anfechtung fallt, und wisst, dass euer Glaube, wenn er bewährt ist, Geduld wirkt. Die Geduld aber soll zu einem vollkommenen Werk führen, damit ihr vollkommen und unversehrt seid und keinen Mangel habt. Jak 1,2-4 Die natürliche und menschliche Reaktion auf Anfechtungen ist nicht „lauter Freude.“ Alle Gläubigen erleben diese Spannung zwischen traurig sein in mancherlei Anfechtungen und Freude über Glauben, der sich bewährt hat: Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, damit euer Glaube als echt und viel kostbarer befunden werde als das vergängliche Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus…

Ich bin dankbar für die vielen Zeugnisse von Christen, die Gottes Gegenwart und Halt in Krisen erlebt haben. Ich bin dankbar für jede Erfahrung des Glaubens, die den Glauben stärkt. Gott war da vor der OP, in der OP und danach. Gott ist da, wenn ein geliebter Mensch beerdigt wird. Gott ist da, wenn die Anonymen Alkoholiker sich treffen. Gott ist da, wenn es durchs finstere Tal geht (Ps 23,4). Gott ist auch bei den Juden in Babylon, die aus ihrem Land verschleppt wurden und dort als Fremde leben. Gottes Kind zu sein bedeutet nicht, keine Krisen und Prüfungen erleben zu müssen.

In diesem wunderbaren Text in Jes 43 gibt es viel Wertvolles und Wichtiges. Das ist umso erstaunlicher, weil diese Worte an Vertriebene, Besiegte und Verlierer gerichtet sind. Gott spricht durch den Propheten Jesaja zu Menschen, die allen Grund hatten, sich wertlos, ungeachtet und ungeliebt zu fühlen. Gottverlassen würde auch passen. Aber sie waren und sind nicht gottverlassen. Du bist nicht gottverlassen. Niemals! Du denkst vielleicht, dass du wertloser Schlamm bist, weil alles um dich herum nach Schlamm und Wertlosem aussieht. Aber du bist Silber. Du bist Gold, das geprüft wird. Du bist… wie hat Gott es gesagt: in meinen Augen so wert geachtet und auch herrlich … geliebt (weil ich dich lieb habe). Oder kurz und knapp: du bist mein. Der Grund für das Gebot, fürchte dich nicht ist in der Identität der Juden zu finden. Wer du wirklich bist ist immens wichtig! Gottes Kinder sehen manchmal aus wie Verlierer, wie Verschleppte, wie Besiegte. Aber: Du gehörst Gott! Wer du bist entscheidet nicht dein Gefühl oder die Menschen um dich herum. Das hat Gott entschieden: Und nun spricht der HERR, der dich geschaffen hat, Jakob, und dich gemacht hat, Israel: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Auch wenn alles um dich herum laut schreit „Du wurdest im Stich gelassen, du bist wertlos, du bist unbedeutend, du hast keine Hilfe durch Gott, du bist Schlamm“ ist das eine Lüge. Gott hat dich nicht im Stich gelassen. Gott sagt, du bist kostbar! Du bist wertgeachtet, du bist geliebt und du bleibst geliebt.

Gott hat Israel zu seiner Ehre geschaffen. Gott hat dich und mich zu seiner Ehre geschaffen. …alle, die mit meinem Namen genannt sind, die ich zu meiner Ehre geschaffen und zubereitet und gemacht habe. V.7 Zur Ehre Gottes geschaffen und erlöst zu sein bedeutet nicht, vor allen Schwierigkeiten bewahrt zu sein. Ich kann Gott auch ehren, wenn ich im Schlamm liege. Die Olympischen Spiele sind Bühne für die Ehre eines Landes. Eine Medaille ehrt nicht nur den Sportler, sondern auch sein Land. Menschen glauben, dass sie wertvoller und bedeutender sind, wenn ein Sportler ihres Landes eine Medaille gewonnen hat. Welch ein Irrsinn! Was für ein Selbstbetrug. Doch ich bin überzeugt: Gott schaut lieber Paralympics. Gott freut sich an denen, die das Beste aus dem Machen, was ihnen möglich ist.

Ich würde die schweren Jahre niemals eintauschen für den ganzen Reichtum der Welt. Gott weiß, was jeder von uns zu erleiden hat, um dem Bild seines Sohnes Jesus Christus gleichgestaltet zu werden.“ (Paul Washer, amerik. Evangelist)

Identität bedeutet, sich zurechtzufinden, die eigene Position zu kennen, im Alltag, in seinem Umfeld und in der Welt. Identität bedeutet, den eigenen Wert zu kennen und innere Stärke zu haben. Identität bedeutet Stärke aus dem Vertrauen. Der Begriff kommt in der Bibel nicht vor, die Sache aber sehr wohl:

Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel kostbarer als sie? Matth 6,26

Der Mensch zweifelt an seinem Wert für Gott! Darum sorgt er sich und fürchtet sich. Jesus sagt: Du bist kostbarer, wertvoller, als du glaubst. Das ist eine bedeutende Aussage über mich und beschreibt einen Teil meiner Identität. Mit Fug und Recht gehört es in jede Bewerbung: Ich bin kostbarer als viele Sperlinge. Das ist wahr über mich. Jesus sagt es. Und ich will es zeigen in den Anfechtungen und Schwierigkeiten, die mir begegnen. Es gibt keine bewährte Identität ohne Bewährungen. Es gibt keine gestärkte Identität ohne Krisen.

Verkauft man nicht zwei Sperlinge für einen Groschen? Dennoch fällt keiner von ihnen auf die Erde ohne euren Vater. Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Haupt alle gezählt. Darum fürchtet euch nicht; ihr seid kostbarer als viele Sperlinge. Wer nun mich bekennt vor den Menschen, zu dem will ich mich auch bekennen vor meinem Vater im Himmel. Wer mich aber verleugnet vor den Menschen, den will ich auch verleugnen vor meinem Vater im Himmel. Matth 10,29

Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Lk 15,21

Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Fürchte dich nicht – dieser Satz kommt in der Bibel angeblich 365-mal vor. Furcht war die erste Gefühlsregung des Menschen nach der Sünde: Furcht. Und er sprach: Ich hörte dich im Garten und fürchtete mich; denn ich bin nackt, darum versteckte ich mich. 1 Mo 3,10 Gott macht sich auf zu denen, die sich fürchten. Sie brauchen ihn. Er holt sie aus ihrer Furcht. Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Das ist auch ein wichtiger Beitrag zum biblischen Menschenbild. Menschen fürchten sich und brauchen Zuspruch. Sie sind furchtsam, ängstlich, verunsichert. Der Mensch ist ein furchtsames Wesen. Jeder Mensch ist auf Ermutigung und Trost angewiesen. Wir möchten alles beherrschen und kontrollieren können. Das aber bleibt eine Illusion. Erlöste brauchen Zuspruch, sie brauchen das Wort, das sie daran erinnert, wer sie sind, wem sie gehören, was Christus für sie getan hat und tut. Immer wieder. Bis zum letzten Atemzug.

Diese Zusage, Du bist mein, zeigt mir auch: Erlöste bleiben unerlöst. Erlöste erleben Krisen, Zumutungen und Probleme wie andere Menschen auch. Erlöste brauchen Zuspruch, sie brauchen das Wort, das sie daran erinnert, wer sie sind. Immer wieder neu. Ich bin erlöst und ich bin unfrei und unerlöst. Beides ist wahr und bleibt wahr. Erlöste bleiben Menschen, die sich sorgen und fürchten. Erlöste bleiben Menschen, die mit Sorgen und Furcht als Erlöste umgehen können.

Wenn du durch Wasser gehst…V.2 Diese Aussagen beziehen sich nicht auf konkrete Personen, sondern auf das Volk Israel. Es sind Bildworte, die Gottes Treue und Hilfe gegenüber seinem Volk auch in scheinbar ausweglosen Situationen beschreibt. Wasser und Feuer stehen beispielhaft für tödliche Naturgewalten, die Gottes Absichten und Treue nicht bedrohen können. Mit anderen Worten sagt Gott hier: „Ich halte mein Wort. Ich bringe euch ans Ziel. Meine Macht ist größer.“ Darum kann Paulus auch von dieser Gewissheit reden: Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. Röm 8,37-39

Dieser Text in Jes 43 liefert auch einen wichtigen Beitrag zum biblischen Gottesbild. Die im Exil lebenden Juden erfahren durch den Propheten: Gott sieht uns. Unser Gott ist ein barmherziger Gott. Er spricht das helfende, tröstende Wort. Die Empfänger dieser Botschaft können mit Hagar sagen: Du bist ein Gott der mich sieht… (1. Mose 16). Gott sieht seine Kinder. Er will trösten. Er will das helfende Wort sagen. Er sagt das helfende Wort tatsächlich. Er will Glauben stärken. Gott sieht dich. Und er hat eine Botschaft für dich, die dir hilft, dich tröstet und stärkt. Achte auf die Jesajas in deinem Leben. Achte auf das helfende Wort, dass dich trösten und stärken will, als Christ zu leben.

Ich bin vergnügt

Ich bin vergnügt, erlöst, befreit.
Gott nahm in seine Hände meine Zeit,
mein Fühlen, Denken, Hören, Sagen,
mein Triumphieren und Verzagen,
das Elend und die Zärtlichkeit.
Was macht, dass ich so fröhlich bin
im meinem kleinen Reich?
Ich sing und tanze her und hin
vom Kindbett bis zur Leich.
Was macht dass ich so furchtlos bin
an vielen dunklen Tagen?
Es kommt ein Geist in meinen Sinn,
will mich durchs Leben tragen.
Was macht, dass ich so unbeschwert
und mich kein Trübsinn hält?
Weil mich mein Gott das Lachen lehrt
wohl über alle Welt.


© Hanns Dieter Hüsch

Die selbstgerechten Säcke Lk 18

Der Pharisäer stand für sich und betete so ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die anderen Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Lukas 18,11

Warum bin ich nicht wie andere? Bin ich nicht auch ein Mensch? Bin ich nicht auch ein Sünder und fähig zu allem was Sünder tun? Wer bin ich? Da ist meine Meinung über mich und über andere. Sie muss nicht so bleiben.

Und was sagt Gott? Ist nicht gerade das ein Zeichen der Reife, dass ich mich besser kennenlerne und mein Selbstbild korrigiere? Der Pharisäer ist demnach unreif, stolz, selbstgerecht. Er glaubt, besser zu sein. Er ist eingebildet. Er ist eine Karikatur des Frommen.

Selig, die da geistlich arm sind! sagt Jesus. Habe ich den Mut, mich zu meiner geistlichen Armut zu bekennen? Jeder Mensch ist zu allem fähig wozu Menschen fähig sind! Ich verdanke es Gott und der Sünde, dass ich bin wer ich bin. Ich verdanke Gott so viel! Gnade wurde mir zuteil. Ich bin kein besserer Mensch, weil ich scheinbar anständiger bin oder anständiger erscheine. Beim Pharisäer steht zuerst: ich. Beim Zöllner: Gott.

Was heißt denn Sündenerkenntnis? Der Zöllner hatte Sündenerkenntnis. Der Pharisäer nicht. Sündenerkenntnis ist immer auch Selbsterkenntnis und Demut.

Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht. 2 Kor 5,21 Wer bin ich? Beim Zöllner stand an erster Stelle die Angewiesenheit auf Gottes Gnade und die mutige Hoffnung auf Gottes Gnade. Gottes Gnade ist größer als ich ahne. Wie sehr ich Gnade brauche! Allein deine Gnade genügt, die in meiner Schwachheit Stärke mehr gibt. Das ist so wahr.

Je tiefer einer ist, desto besser sieht ihn Gott“. Martin Luther

Christsein ist ein Leben in Demut und Selbsterniedrigung. Im anderen Sünder sehe ich mich. Wir sind als Sünder alle in einem Boot. Wie ich den anderen Sünder sehe und mit ihm umgehe zeigt, ob ich meine Lage begriffen habe, ob ich mich richtig sehe.

Und verachteten die anderen V. 9 Der Pharisäer verachtete die anderen. Ein hartes Wort. Jesus benutzt es. Erschreckend, dass es das gibt. Das sollte bei Christen nicht so sein! Und? Es ist auch bei Christen so, weil es auch bei Christen Selbstgerechte gibt. Sie haben den frommen Sprech drauf. Sie lesen ihre Bibel. Aber sie verachten die anderen. Das wird immer dann deutlich, wenn konkrete Schuld ans Licht kommt.

Am Gebet zeigt es sich. Das Gebet zeigt so viel. Das zeigt mein Herz und meinen Glauben. Selbstgerechtigkeit bleibt nicht verborgen. Wie ich mich vor Gott sehe, so sehe ich auch andere. Wie ich bete, so bin ich! Bringen Gott und das Gespräch mit ihm mich meinem Nächsten näher? Oder vertieft es Gräben? Das ist harte Kost für den frommen Selbstgerechten. Aber so wichtig. In Wahrheit ist das Gleichnis ein Liebesdienst Jesu am Selbstgerechten. Die Frage ist, wie wichtig ist es mir, einer von denen zu sein, die von Gott erhöht werden? Selbstgerechtigkeit ist kein Schicksal und kein genetischer Defekt. Man kann Selbstgerechtigkeit ablegen. Man muss. Das Gleichnis ist eine starke Ermutigung, einander die Hand zu reichen und gemeinsam Gott für seine Gnade zu danken. Jesus möchte es nicht, wenn wir einander verachten. Darum soll mein Beten der Achtung und Liebe für andere dienen. Selbstlob und Selbstruhm sollen in mir keinen Raum haben. Auch in mir ist ein Räuber, Betrüger, Ehebrecher und Zöllner. Ich könnte… Spr 30,9 Du bist der Mann 2. Sam 12,7 Aber was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet. Phil 3,7

Die ganze fromme Leistung ist Dreck, Gefahr, Ballast. Steht im Weg zu Christus und dem Bruder. Fromm Leistung ist falsche Sicherheit.

In dir ist auch ein Räuber – das ist eine harte Wahrheit.

Der Zöllner aber stand ferne. Er hat sich von Gott entfernt. Das wusste er. Er stand da, wo er meinte stehen zu sollen. Fern auch vom Pharisäer. Randnotiz: wenige sitzen vor der Kanzel. Das ist ehrlich. Siehe, ein wahrhaftiger Sünder! Das ist erstaunlich, dass nur der eine seine Sünde erkennt und ernst nimmt. Selbstgerechtigkeit und Stolz sind typische Sünden. Warum stehst du von fern, Zöllner!? Für den Pharisäer war es richtig, dass der Zöllner von ferne stand. Sünde schafft Ferne. Distanz. Abstand. Doch Gott erhöht den, der sich erniedrigt. Das ist Gnade. Ich bekomme den Platz, den ich nicht verdient habe. Und er ist gekommen und hat im Evangelium Frieden verkündigt euch, die ihr fern wart. Eph 2,17

Der Pharisäer verglich sich mit bekannten Sündern. Der Sünder verglich sich mit Gott. Der Pharisäer suchte Selbstbestätigung. Der Sünder sucht Gottes Gnade.

Ich danke Gott mit Saitenspiel, dass ich kein König worden, ich wär geschmeichelt worden viel und wär vielleicht verdorben. Matthias Claudius

Petersilie und Pflege 1. Kor 13,8-10

Es ist eins der schönsten und ein bedeutendes Versprechen, das Menschen einander schenken. Die Sehnsucht fast aller Menschen ist, dies Versprechen jemandem zu geben und von jemandem zu erhalten: „Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens, in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit. Bis das der Tod uns scheidet.“ Damit machen Menschen einander ein wundervolles Geschenk.

Glück ist, einen Menschen zu haben, der zu dir sagt, „Ich liebe dich und ich werde nicht aufhören, dich zu lieben.“ Zum Evangelium gehört dieses Glück. Gott liebt dich und er wird nicht aufhören, dich zu lieben. Du bist es wert, immer geliebt zu werden. Du bist und bleibst liebenswert, auch wenn du alt und tüdelig, wenn du krank oder unausstehlich bist. Die Liebe hat kein Mindesthaltbarkeitsdatum! Darum schreibt Paulus:

Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden hat ein Ende, Zungenrede verstummt, Erkenntnis vergeht. Denn Stückwerk ist unser Erkennen, Stückwerk unser prophetisches Reden; wenn aber das Vollendete kommt, vergeht alles Stückwerk. Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt ist mein Erkennen Stückwerk, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin. 1. Kor 13,8-10

Paulus knüpft mit diesen Worten wieder da an, wo er begonnen hat – beim Wunsch des Menschen, etwas zu sein oder etwas zu gelten. … und hätte der Liebe nicht, so wäre ich nichts. Wer sich durch seine geistlichen Gaben für bedeutsam, besser oder wertvoller als andere macht, irrt. Zum Mannsein, zum Erwachsensein gehört es, diese Irrtümer abzulegen und zu erkenne, dass die Agape Liebe den Menschen zum Menschen macht – zu jemandem, der für andere da ist und ohne andere nichts ist. Das Kind in mir ablegen bedeutet in diesem Kontext, alle Wünsche nach Geltung aufgrund eigener Fähigkeiten abzulegen.

Die Liebe hört niemals auf. Was für ein erstaunlicher und herausfordernder Satz! Ich glaube, es ist die Sehnsucht des Menschen, immer geliebt zu werden. Und es gehört zum Glück des Menschen immer geliebt zu sein. Und es bleibt die Herausforderung des Menschen, immer zu lieben. So ist diese Wahrheit auch ein wichtiger Teil des christlichen Menschenbildes: Menschen sind und bleiben in Zeit und Ewigkeit auf Liebe angewiesen. Darum geht es in diesem Abschnitt – um diese Zeit und um die Ewigkeit. Die frohe Nachricht lautet: Gott wird nie aufhören, dich zu lieben. Nie! Du bist und bleibst von Gott geliebt. Ich bleibe geliebt. Du bleibst geliebt. Welch eine wunderbare Gewissheit! Genau diese Gewissheit meint Paulus:

Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. Römer 8,38f

Ja, Menschen hören von heute auf morgen auf zu lieben. Das gehört auch zur Wahrheit. Menschliche Liebe ist unsicher und begrenzt. Ehen und Beziehungen scheitern. Menschen trauen sich nicht mehr, zu lieben und in Beziehungen zu leben. Menschen lassen Freunde und Angehörige im Stich. Die Liebe Gottes aber ist ewig und Christen sollen diese beständige Liebe leben. Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Joh 13 Die Agape Liebe hat kein Ende. Sie wird immer da sein als versöhnende, annehmende und bejahende Kraft. „Sie ist nicht auszumendeln und aus der Welt zu schaffen,“ sagt Eva Zeller.

A true love story never ends! Eine echte Liebesgeschichte hört nie auf. Wenn die Liebe die Kraft hat, das Kreuz auf sich zu nehmen, wenn die Liebe die Kraft hat, Spott und Verachtung zu ertragen, wenn sie die Kraft schenkt, für den Geliebten zu sterben, dann ist das Böse entmachtet und der Sieg der Liebe über das Böse so sicher wie das Amen in der Kirche. Diese starke und trotzende Liebe zeigt Noemi durch ihre entschiedene Haltung zu ihrer Schwiegermutter Ruth: Bedränge mich nicht, dass ich dich verlassen und von dir umkehren sollte. Wo du hingehst, da will ich auch hingehen; wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch, da will ich auch begraben werden. Der Herr tue mir dies und das, nur der Tod wird mich und dich scheiden. Ruth 1

Liebe bedeutet, einem Menschen zu versprechen: „Ich werde nicht aufhören, dich zu lieben! Nichts und niemand kann meine Liebe zu dir nehmen. Ich liebe dich trotzdem weiter.“ Diese Liebe fließt wie ein gewaltiger Strom, der nie versiegt. Die Agape Liebe ist wie die Sonne. Sie ist immer und überall da. Die Agape Liebe ist Neuschöpfung – sie gehört zur neuen Schöpfung. Dieser Liebe verdanke ich, eine Kind Gottes zu sein und sie garantiert, dass ich ein Kind Gottes bleibe. Sie lässt uns heute die Kraft der Vergebung und Versöhnung erleben. Agape Liebe holt den Himmel auf die Erde. Agape Liebe holt die Ewigkeit in die Zeit. Christus herrscht heute, wo diese Liebe geglaubt und gelebt wird.

Wo doch das prophetische Reden aufhören wird. Und zwar mit dem Tod. Geistliche Gaben werden vergehen, werden bedeutungslos. Liebe wird mit geistlichen Gaben verglichen. Liebe wird verglichen mit dem, worauf einige Christen in Korinth sich etwas einbildeten. Prophetie ist eine wunderbare und erstaunliche geistliche Gabe. Aber sie ist eine zeitlich begrenzte Gabe. Predigen und Gottesdienste sind wichtig. Aber nicht so wichtig, bei weitem nicht so wichtig, wie viele Christen denken! Das will Paulus hier deutlich machen.

Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn

aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören. Es gibt ein Puzzle mit 52110 Teilen. Es ist das erste Puzzle, welches mehr als 50.000 Teile hat. Das Puzzle wiegt 23 kg und kostet 296 Euro auf Amazon. Offenbar gibt es Menschen, die sich das zutrauen. Ich staune darüber. Eine gute Predigt ist ein Puzzlestück eines Puzzles mit 250.000 Teilen. Egal wie viele Predigten ich höre, es bleibt immer Stückwerk. Auf die prophetische Gabe waren einige Korinther stolz – dabei ist es Stückwerk. Warum ist dir eine Geistesgabe so wichtig, die nicht annähernd das ist und kann, was die Liebe ist und kann?

Im Urlaub geh ich gern mal über Friedhöfe. So Gott will werde ich einmal dort zur letzten Ruhe gebettet. Ich habe dort etwas Interessantes entdeckt. Auf manchen Grabsteinen steht nicht nur der Name, der Geburtstag und Todestag des Verstorbenen. Bei einigen steht auch der Beruf: Kapitän, Pastor, Studienrat, Ingenieur. Menschen würdigen Verstorbene auch über ihren Beruf. Viele Menschen definieren sich über ihren Beruf. Sie erhalten Anerkennung, Bewunderung, Respekt aufgrund des Berufs. Mit dem Tod verlieren aber Berufe alle Strahlkraft und Bedeutung. Im Himmel gibt es keine Pastoren, Kapitäne, Ingenieure. Das ist heilsam und ernüchternd. Menschen lassen sich faszinieren von dem, was vergänglich ist. Aber auch von dem, was andere beeindruckt. Prophetie, Zungenrede, Erkenntnis haben für viele Christen mehr Strahlkraft und einen höheren Stellenwert als die Liebe, die doch ewig ist. Als Christ wähnt sich mancher mit diesen Gaben als wichtiger, heiliger, wertvoller. Also ist doch zu fragen: wer bist du ohne diese geistlichen Gaben? Wer bist du mit diesen Gaben und deinem Beruf, aber ohne Liebe? Wird durch dein Leben heute schon deutlich, welche Bedeutung und welchen Stellenwert die Liebe hat? Wenn Gaben aufhören, dann hören auch sogenannte kirchliche Ämter auf. Im Himmel gibt es keine Prediger und Pastoren, keine Älteste, Bischöfe, Päpste.

Denn unser Wissen ist Stückwerk und unser prophetisches Reden ist Stückwerk. Wenn aber kommen wird das Vollkommene, so wird das Stückwerk aufhören.

Auf Amazon kannst du ein Puzzle mit insgesamt 52110 Teilen kaufen. Das erste Puzzle, welches mehr als 50.000 Teile hat. Es wiegt 23 kg und kostet 296 Euro. Eine gute Predigt ist ein Puzzlestück eines Puzzles mit 250.000 Teilen. Es bleibt immer unvollendet. Auf die prophetische Gabe waren die Korinther stolz. Warum aber ist eine Gabe wichtig, die nicht annähernd das ist und kann, was die Liebe ist und kann? Paulus nimmt sich viel Zeit, die Agape Liebe zu beschreiben und ihren Stellenwert hervorzuheben.

Mir ist beim Nachdenken deutlich geworden: Christen sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht 😉 Wenn jemand „den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht“, dann bemerkt er etwas vollkommen Offensichtliches nicht oder erkennt die nächstliegende Lösung seines Problems vor lauter Auswahlmöglichkeiten nicht. Kurz gesagt steht der Ausdruck auch für einen Mangel an Übersicht. Christen erkennen die Liebe und den Stellenwert der Liebe nicht. Sie reden und singen von Liebe, sie hören Predigten und lesen Bücher über die Liebe. Das macht sie aber nicht stärker in der Liebe.

Chris de Burgh singt in einem sehr bekannten Lied den Refrain, „Be strong and learn to say the words „I love you,“ – Sei stark und lerne die Worte zu sagen “Ich liebe dich.“ Das ist nämlich wahre Stärke und wahre Größe, wenn jemand es wagt einem anderen zu sagen und zu zeigen, Ich liebe dich.

Die Tagesschau meldet den Tod bedeutender Personen. Am 25.4. starb Harry Belafonte im Alter von 96 Jahren. Er ist berühmt geworden durch Lieder. Gäbe es im Himmel die Tagesschau, dein Tod wäre Thema. Dein Leben wäre Thema. Deine Liebe wäre Thema. Weil Liebe das Thema im Reich Gottes ist.

Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie

ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. In diesem ganzen Abschnitt geht es um zwei Zeiten, zwei Perspektiven, zwei Wahrheiten. Einerseits jetzt Stückwerk, dann das Vollkommene. Einmal das Leben als Kind, dann das des Mannes. Jetzt ein dunkles Bild (Spiegel waren damals polierte Metallscheiben), dann nach dem Tod ein klares Bild. Einmal das stückweise erkennen, dann das vollkommende erkennen. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich durch und durch erkennen,  so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.

Petersilie und Pflege – Ich erinnere mich gut eine Situation in meiner Kindheit. Meine Mutter störte sich sehr daran, wenn Sonntagmittag Kunden bei uns klingelten, um z.B. ein Bund Petersilie zu kaufen. Meine Mutter hatte ein schönes Essen liebevoll vorbereitet und dann klingelte es und mein Vater stand auf und bediente die Kunden. Die Familie musste warten. Sie ertrug diese Angewohnheit meines Vaters, auch wenn es ihr sehr missfiel. Sie liebte ihn weiter. Jede Beziehung kennt solche Petersiliensituationen. Und als meine Mutter Krebs bekam und zuhause die letzten Monate im Bett lag, pflegte mein Vater sie bis zum Schluss. Liebe hat immer mit Petersilie und Pflege zu tun. Und immer damit, dass Menschen trotzdem beieinanderbleiben. Das eingangs erwähnte Versprechen sollte mehr sein als schöne Worte. „Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens, in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit. Bis das der Tod uns scheidet.“ Liebe sollte immer mehr sein als ein schönes Wort.

Weil die Liebe nicht aufhört, will ich auch nicht aufhören zu lieben.

Weil die Liebe nicht aufhört, will ich alles ertragen, alles glauben,

Weil die Liebe nicht aufhört, soll mit Gottes Hilfe die Liebe die Herausforderung meines Lebens sein.

Einer von uns – Jesaja 9,1-6

Kennt ihr den größten Belgier aller Zeiten? Jef de Veuster wurde am 3. Januar 1840 in Tremelo in Belgien geboren. Er war das 7. Kind einer Bauernfamilie. Nach Abschluss der Volksschule arbeitete er vier Jahre auf dem elterlichen Hof und wurde dann von seinem Vater auf eine Handelsschule geschickt. Er sehnte sich aber nach einem Leben in der kirchlichen Mission. Daher trat er 1860 in einem katholischen Orden in Löwen ein und erhielt den Ordensnamen Damian. 1863, mit 23 Jahren, wurde er in die Mission auf die Sandwich-Inseln (den heutigen US-Bundesstaat Hawaii) entsandt. Dort empfing er schon zwei Monate später die Priesterweihe und wurde zunächst auf die Insel Hawaiʻi, nach Puna und Kohala, gesandt. Auf eigene Bitte hin ließ er sich am 10.5.1873 auf die Insel Molokaʻi bringen. Dort lebten in einem schwer zugänglichen und durch hohen Klippen eingefassten Gebiet (Kalawao) etwa 600 Leprakranke. Sie waren von der Gesellschaft ausgestoßen und ohne jede medizinische Betreuung. Sie waren Verlorene, Verbannte, Todgeweihte.

Die, die alle scheuten, die suchte Pater Damian auf. Ihnen diente er. Er ging zu den Leprakranken und lebte mit ihnen. Er verband ihnen ihre Wunden. Er berührte die Unberührbaren. Er umarmte die, vor denen alle wegliefen. Er baute Hütten für sie. Er predigte ihnen die Liebe Gottes. Mit eigenen Händen zimmerte er 2000 Särge, um die Toten in Würde zu bestatten. Damian achtete nicht auf den Sicherheitsabstand und er wusste, was er tat. Er kam ihnen nahe, und dafür liebten sie ihn. Eines Tages im Jahr 1885, als er wieder predigte, sagte er zu Beginn: Wir Leprakranken. Da wussten alle: nun ist er ganz einer von uns. Durch sein Wirken unter den Kranken erlangte er große Bekanntheit und Verehrung als „Apostel der Leprakranken“. Im Alter von 49 Jahren starb Pater Damian 1889 an Lepra. Am 1.12.2005 wurde Pater Damian von einem breiten Publikum in Flandern zum größten Belgier aller Zeiten gewählt.

Jesus ist die Hoffnung der Welt

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter. Jes 9,5

Der Prophet Jesaja kündigte die Geburt Jesu an. Diese Geburt ist gewiss. Darum kann Jesaja mehr als 600 Jahre vor Weihnachten von Weihnachten schreiben. Jesus wurde uns geboren, uns gegeben. Die Weihnachtsbotschaft lautet: euch ist heute der Heiland geboren. (Lk 2) Gott wurde Mensch – für uns. Er wurde einer von uns. Frohe Weihnachten hat der, der im Glauben bekennt und weiß: ein Sohn ist uns gegeben, ein Retter ist uns geboren. Jesus ist für uns geboren. Jesus ist für uns gestorben. Jesus ist für uns von den Toten auferstanden. Das feiern Christen Weihnachten: Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. (Phil 2) Die NGÜ gibt diese Wahrheit so wieder: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen.

Pater Damian hat sich den Leprakranken gegeben. Sein Glaube befähigte ihn dazu. Er konnte den Leprakranken nur glaubwürdig dienen, indem er zu ihnen ging und einer von ihnen wurde. Am Glauben von Pater Damian, an diesem für uns konnten die Leprakranken die Liebe Gottes erkennen. Diese Liebe gibt. Gott gibt seinen Sohn für uns: Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Joh 3 Jesaja sagt, ein Sohn ist uns gegeben. Johannes wird deutlicher: sein einziger Sohn wurde hingegeben. Darum hat Weihnachten mit Geben zu tun. ein Sohn ist uns gegeben … Bei jeder Abendmahlfeier werden wir daran erinnert: Und er nahm das Brot, dankte und brach’s und gab’s ihnen und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Lk 22,19

Und so ist es mit der Geburt von Jesus in Bethlehem: Wir Menschen. Wir Leprakranken. Wir Sünder! Wir Todgeweihten! Gott in unserer Haut. Gott kommt als Kind zu uns. Gott kommt in unsere Dunkelheit. Die Herrschaft auf seinen Schulterm, er nahm das Kreuz auf sich, er nahm die Schuld der Welt auf sich. Auch deine Schuld und meine Schuld. Aus Liebe. So sehr bist du geliebt! Das ist Licht in jeder Finsternis: In unserer Einsamkeit und Depression. In unserer Trauer und unseren zerbrochenen Herzen. In Gefängniszellen. In unserer Schuld. In unserer Not. In unserer Freude. In unseren Schwächen. In unseren Stärken. Im Leben und im Sterben. Gott wurde ganz einer von uns. Aus Liebe gab Gott seinen Sohn für uns. Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingebornen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen. 1 Joh 4,9

Ein Kind ist uns geboren. Dieses Kind ist unsere Hoffnung. Weil Jesus geboren wurde, sind wir nicht allein, nicht verloren, nicht verdammt. Weil Gott einer von uns wurde, singen wir Lieder von Gott und seiner Liebe. Darum bleibt es nicht finster in uns und um uns herum! Peter Strauch hat es wunderbar ausgedrückt mit den Zeilen: In der Nacht von Bethlehem, da ist ein Kind geboren, Gottes Liebe kam zu uns, wir sind nicht mehr verloren: Jesus, Heiland der Welt! Jesus, Heiland der Welt. Endlich ist die Dunkelheit bezwungen. Gottes Licht ist zu uns durchgedrungen. Endlich ist die Nacht vorbei und endlich werden Menschen frei; das Ende wird zum Anfang: Gott ist da!

Und er begehrte, Jesus zu sehen Lk 19,1-10

Harkebrügge ist ein kleiner Ort im katholischen Landkreis Cloppenburg. Dort habe ich im Schichtdienst bei Bell Food gearbeitet. Abraham Schinken wird dort verpackt. Kurz vor der Fabrik steht am Straßenrand ein großes Kruzifix. Auf dem Weg zur Arbeit fuhr ich oft an diesem Kreuz mit dem Gekreuzigten vorbei. Dies Kruzifix hat mir eines späten Abends die Augen geöffnet für eine Erkenntnis, die mich bis heute prägt und begleitet. Als ob der Gekreuzigte selbst zu mir sprach. „Wer sieht mich? Wer sieht mich hier im Dunkeln am Feldrand?“  Der Prophet Jesaja sagte über den Gekreuzigten: … Er hatte keine Gestalt und keine Pracht; wir sahen ihn, aber sein Anblick gefiel uns nicht. Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er, und wir achteten ihn nicht. Jes 53.2f Und wenn ich heute an dies Kreuz an der einsamen Landstraße denke, denke ich an diese Erkenntnis: 

Das tiefe Bedürfnis jedes Menschen ist gesehen zu werden.  Menschen möchten gesehen werden! Menschen möchten richtig gesehen werden.

So lange ich lebe möchte ich gesehen werden. So lange du lebst, möchtest du gesehen werden. Wir möchten gesehen werden mit allem, was uns zu dem einzigartigen Menschen macht, der wir sind. Wir möchten gesehen werden mit unserer Vergangenheit. Wir möchten gesehen werden mit unseren Ängsten, Sehnsüchten, unseren inneren und äußeren Narben, unserer Schuld und unserem Versagen, unseren Talenten und allem Potential, das in uns steckt. Facebook und Instagram sind erfolgreich, weil Menschen von anderen Menschen gesehen werden möchten – auch wenn das Sehen und Gesehen werden dort oft oberflächlich bleibt. Zur Wahrheit gehört aber auch: Wir möchten von Gott gesehen werden. Hagar sagt über diesen Gott: Du bist ein Gott, der mich sieht. 1 Mose 16 Gott sieht dich! Das ist die Botschaft der Bibel.

Im Aaronitischen Segen werden wir daran erinnert. So sollt ihr sagen zu den Israeliten, wenn ihr sie segnet: Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden. In der Hfa Bibel steht hier: Der HERR blicke dich freundlich an und sei dir gnädig!

Das ist und bleibt das schönste Erlebnis von Zachäus. Er, der von niemandem gern gesehen wurde, wurde von Jesus gerne gesehen. Zachäus erlebte genau das: Der HERR blickte mich freundlich an und war mir gnädig! Was kann einem Menschen Besseres widerfahren als von Gott selbst freundlich angesehen zu werden! Zachäus, der in den Augen der meisten der Sünder war, war in den Augen von Jesus ein Sohn Abrahams. Er, der verachtet war, wurde von Jesus beachtet und geachtet. Jesus sah Zachäus mit anderen Augen. Jesus sah Zachäus so wie Zachäus sich wünschte gesehen zu werden. Jesus sieht dich, so wie du dir wünscht, gesehen zu werden. Es begann mit der Sehnsucht von Zachäus, Jesus zu sehen. Und siehe, da war ein Mann mit Namen Zachäus, der war ein Oberer der Zöllner und war reich. Und er begehrte, Jesus zu sehen, wer er wäre, und konnte es nicht wegen der Menge; denn er war klein von Gestalt.

Advent bedeutet Ankunft oder Kommen und bedeutet für Christen das Kommen des Herrn und die Vorbereitung auf seine Wiederkehr. In Jericho war auch Advent, Jesu kam zu den Menschen. Alle wollten Jesus sehen. Dafür nahmen sich viele Menschen Zeit und unterbrachen ihren Alltag. Für Zachäus war es auch Advent. Der Herr selbst kam zu ihm, dem Sünder, zu ihm dem Zöllner, in sein Haus, an seinen Tisch, in sein Leben. Jesus kam zu dem, der in den Augen der Menge es am wenigsten verdiente. Er verdiente es überhaupt nicht.

Aber zuerst musste Zachäus das Problem mit der Menge lösen. Er war klein. Und die Menge dachte nicht daran, für den kleinen Zöllner Platz zu machen. Ob Zachäus an das deutsche Sprichwort gedacht hat? Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert. Also, hat man schon ein schlechtes Ansehen, einen gewissen Ruf, kann es ja nicht mehr schlimmer werden und man kann ohne Hemmungen tun, was man will, braucht keine Rücksicht mehr auf Sitte und Anstand zu nehmen. Und er lief voraus und stieg auf einen Maulbeerfeigenbaum, um ihn zu sehen. Weil der kleine, reiche Zachäus auf einen Baum geklettert war, um Jesus zu sehen, erblickte Jesus Zachäus. Gott allein weiß, wie viele Menschen sich von anderen Menschen davon abhalten lassen, Jesus zu sehen und kennenzulernen. Wäre Zachäus heute hier, ich bin mir sicher, er würde sagen: „Wer hindert dich daran, Jesus zu sehen? Wer versperrt dir den Blick auf Jesus? Viel mehr Menschen sollten auf Bäume klettern und darauf pfeifen, was andere denken oder sagen. Lass die anderen doch lachen und spotten. Jesus in deinem Haus zu haben ist es allemal wert.

Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.

Vom Murren und Schimpfen der Menschen hat Jesus sich nicht hindern lassen, Zachäus zu besuchen. Jesus trifft nie Entscheidungen, um Erwartungen anderer zu erfüllen. Jesus nahm es in Kauf, Menschen zu verärgern, weil er sich allein am Willen seines Vaters orientierte. Jesus nimmt auch heute das Murren der Menschen in Kauf. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist.

So schnell kann die Stimmung der Menge kippen. Da sie das sahen, murrten sie alle und sprachen: Bei einem Sünder ist er eingekehrt. Die vielen murrten. Sie waren böse auf Jesus. Sie machten dem Vorwürfe, den sie gerade in der Stadt willkommen heißen wollten. Aber der eine freute sich: Und er stieg eilend herunter und nahm ihn auf mit Freuden.

Gestern hat meine Kollegin Tania aus der Ukraine einen ungewöhnlich großen und schönen Weihnachtsstern entdeckt. Sie kam damit zu mir und fragte mich auf ukrainisch und mit Gesten, ob sie den behalten darf. Ja, durfte sie. Und dann freute sie sich sehr über diesen einen außergewöhnlich schönen, prachtvollen Weihnachtsstern! Bis zum Feierabend trug sie den Topf mit sich wie einen Schatz. 50.000 Weihnachtssterne haben wir gepackt an drei Tagen. Aber dieser eine Weihnachtsstern machte Tania glücklich, sie strahlte vor Freude über diese Pflanze.

An diesem Tag war es Gottes Freude, Zachäus zu begegnen und zu erleben, wie er umdenkt und Schaden, den er anderen zugefügt hat, wieder gut macht. Jeder Mensch ist von Gott geliebt! Du bist von Gott geliebt. Er kennt dich und deinen Namen. Er sieht dich. Jesus liebte Zachäus und sah Zachäus, wie Zachäus gesehen werden wollte. Dahin möchte ich immer mehr kommen, so möchte ich immer mehr werden – wie Jesus. Paulus sagt es so: Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstgeborene sei unter vielen Brüdern. L84…. Darum hat er auch von Anfang an vorgesehen, dass ihr ganzes Wesen so umgestaltet wird, dass sie seinem Sohn gleich sind. Er ist das Bild, dem sie ähnlich werden sollen, denn er soll der Erstgeborene unter vielen Brüdern sein. Röm 8,29 NGÜ

Werde wie Tania. Sieh die Schönheit im anderen Menschen. Sieh die Menschen wie Jesus sie sieht.

You’ll never walk alone – Die Macht der Liebe 1. Kor 13,7

Am 19. April 1945 begann es. An dem Tag wurde das Musical Carousel im Majestic Theatre am Broadway in New York uraufgeführt. Das Musical brachte es auf 890 Vorstellungen. Erzählt wird die Geschichte eines Karussellarbeiters, der aus finanzieller Not einen Raubüberfall begeht. Er will für die Zukunft seiner Frau und ihres ungeborenen Kindes sorgen, doch er stirbt dabei. Und zurück bleibt eine junge Witwe, die ein Kind erwartet, das nie den Vater sehen wird. Wie tröstet und ermutigt man eine Frau in einer so schwierigen Situation? In Wahrheit geht es nicht um diese schwangere Frau, sondern um die Menschen, die das Musical sehen und hören. In dem Musical geht es also um Trost für verzweifelte, traurige Menschen. Wie kann diese Witwe getröstet werden? Wie tröstet man Menschen, die verzweifelt sind oder in einer Krise? Mit Liebe. Mit Liebe, die eine Botschaft sendet, ein Lied, das ihr kennt:

Wenn Du durch einen Sturm gehen musst – geh mit erhobenem Haupt und fürchte dich nicht vor der Dunkelheit. Wenn der Sturm sich legt erwartet dich ein goldener Abendhimmel und der schöne, glockenhelle Gesang einer Lerche. Lauf weiter durch den Wind, lauf weiter durch den Regen, auch wenn deine Träume gebeutelt werden. Lauf weiter mit Hoffnung im Herzen und Du wirst Deinen Weg niemals alleine gehen müssen.

You‘ll never walk alone war 1945 die tröstende Liebesbotschaft an Menschen, die Trost und Kraft brauchten zum weiter leben. Wenn dir ein Mensch verspricht, Du wirst Deinen Weg niemals alleine gehen müssen, und wenn du weißt, dass das ernst gemeint ist, dann kannst du getrost und gestärkt sein in einer Liebe, die dich nie im Stich lässt. Liebe ist zu sagen: du wirst deinen Weg niemals allein gehen müssen. Die frohe Botschaft lautet: Weil du geliebt bist von Gott wirst du deinen Weg niemals alleine gehen müssen.

Im Brief an die Korinther beschreibt Paulus das Wesen der Agape Liebe anhand von 15 Eigenschaften. Die letzten vier Eigenschaften dieser Liebe sind so grandios, so schockierend, so unfassbar und herausfordernd, dass keine Predigt diesen Worten gerecht werden kann: Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Diese vier gewaltigen alles sind ein Echo der Liebe, die sich im Leiden und Sterben des Gekreuzigten Christus zeigt. Daran haben wir die Liebe erkannt, dass er sein Leben für uns gelassen hat; und wir sollen auch das Leben für die Brüder lassen. 1. Joh 3,16 Paulus sagt es so: Gott, der da reich ist an Barmherzigkeit, durch seine große Liebe, damit er uns geliebt hat, die wir tot waren in Sünden, hat er uns mit Christus lebendig gemacht. Eph 2,4ffWeil es für Jesus keine hoffnungslosen Fälle gibt, gibt es auch für Christen keine hoffnungslosen Fälle. Niemals gibt der Liebende den anderen auf. Alles erträgt der Liebende, alles glaubt, alles hofft, alles erduldet der Liebende. Liebe ist darum immer auch Leidensfähigkeit und Leidensbereitschaft oder sie ist keine Liebe. So eine Liebe ist gelebter Glaube. So eine Liebe ist wesentlich für ein christliches Menschenbild. Warum ist die Agape Liebe wesentlich für ein christliches Menschenbild? Weil jeder Mensch zugleich Sünder ist und von Gott geliebt ist und liebenswert ist, ist jeder Mensch wert geliebt zu werden und wert, Opfer für ihn zu bringen, damit die Gemeinschaft erhalten bleibt und wieder hergestellt wird. Das können Menschen, die sich von Jesu Liebe leiten und befehlen lassen: Werdet nun Gottes Nachahmer als geliebte Kinder. Und wandelt in der Liebe, gleichwie auch Christus uns geliebt und sich selbst für uns gegeben hat als Darbringung und Schlachtopfer, zu einem lieblichen Geruch für Gott. Eph 5.2

CS Lewis schreibt in seinem Buch Was man Liebe nennt: „Göttliche schenkende Liebe aber befähigt einen Menschen, die zu lieben, die natürlicherweise nicht liebenswert sind Aussätzige, Kriminelle, Feinde oder Idioten, die Mürrischen, Überheblichen und die Spötter.“ S.131

Jeder Mensch ist auch eine Liebesgeschichte, die noch geschrieben wird.

Mein Chef hat Verträge zu erfüllen. Dazu ist er verpflichtet. In den Gewächshäusern stehen jetzt weit mehr als 500.000 Weihnachtssterne. Die brauchen Wärme. Gas kann aber von heute auf morgen vom Versorger abgestellt werden. Was also machen? Wir haben noch einen alten Kohleofen. Davor liegen jetzt ca. 150 Tonnen Kohle. Das ist sehr viel Wärme. Stell dir vor, du hast so viel Kohle vor deinem Haus. Als Christ hast du genug Kohle zu lieben und frierende Menschen zu wärmen. Christen haben auch Verträge zu erfüllen.

Diese Agape Liebe hat Macht, Gott zu bezeugen. Darum ist das alles nötig. Diese Liebe hat Macht, Hoffnung zu stiften. Sie hat Macht, Ja zum Nächsten zu sagen, wenn alle anderen sich abwenden. Diese Liebe hat Macht, Menschen zu dienen und Gemeinschaft immer wieder neu zu stiften durch Vergebung, durch Gnade, Geduld, Hoffnung und Glaube. Die Agape Liebe hat Macht. Sie hat Macht zu ertragen, zu glauben, zu hoffen, zu erdulden. Denn Lieben bedeutet immer auch ermächtigen. Geliebt werden bedeutet ermächtigt werden. Ich habe diese ermächtigende Liebe nötig. Du hast diese ermächtigende Liebe nötig. Nichts anderes sagt diese Liebe als dies: Du bist es wert, so geliebt zu werden. Du bist es wert, alles zu ertragen, alles zu glauben, alles zu hoffen, alles zu dulden. Liebe bedeutet nicht, dass es immer einfach ist. Liebe bedeutet aber, dass es die Mühe wert ist. Weil du es wert bist, dass Christus für dich am Kreuz starb, bist du es wert, niemals im Stich gelassen zu werden, niemals aufgegeben zu werden. Darum bist du es wert, dass dir deine Schuld vergeben wird. Es gibt nur zwei Momente, in denen ich bei dir sein will. Jetzt und für immer. Liebe hält die Zeit an und lässt die Ewigkeit beginnen.

Amy Carmichael schreibt in ihrem Lebenswerk: „Wenn die Liebe unter uns zu schwinden droht, wenn es möglich wird, den leisesten Schatten eines lieblosen Wortes zu dulden, dann fängt unsere Gemeinschaft an zu sterben. Lieblosigkeit ist tödlich, sie ist gefährlicher als eine Kobra. Gerade so, wie ein winziger Tropfen des Kobragiftes sich schnell in dem ganzen Körper dessen verbreitet, dem es eingespritzt wurde, so genügt ein Tropfen galliger Lieblosigkeit in meinem oder deinem Herzen, dass er sich mit furchtbarer Macht in unserer ganzen Familie ausbreitet; denn wir sind ein Leib.“

Im Jahr 1959 war die Premiere des Theaterstücks Raisin in the sun (In der Sonne aufwachsen). Das Stück handelt von der afro-amerikanischen Familie Younger. Sie leben in beengten Verhältnissen im Süden Chicagos. Der Vater stirbt und die die Mutter Lena bekommt einen 10.000 Dollar Scheck von der Lebensversicherung ihres Mannes. Damit scheint sich das Leben der Familie doch noch verändern zu können. Lena hat ganz klare Vorstellungen, was mit dem Geld passieren soll. Sie möchte sich ein kleines Häuschen in New Jersey kaufen, mit einem kleinen Garten und Blumenkästen vor den Fenstern. Das war schon immer ihr Traum. Und Tochter Beneatha soll ihr Medizinstudium beenden können.

Doch auch der Sohn würde gern vom Geld etwas haben. Mit einem Bekannten will er einen Getränkeshop eröffnen. Und so drängt er seine Mutter, ihm und seinem Freund Geld zu geben. Zuerst wehrt sich die Mutter. Doch dann gibt sie nach. Wie kann sie ihrem Sohn diesen Wunsch ausschlagen. Er bekommt 6.500 Dollar. – Und das Unglück passiert. Sein Freund brennt mit dem Geld durch. 6.500 Dollar sind futsch. Tief enttäuscht, verzweifelt und erschüttert kommt der Sohn nach Hause. Er ist am Boden zerstört. Seine Schwester Beneatha kann es nicht fassen. Sie ist so wütend und außer sich vor Entrüstung: Wie kann man nur so blöd sein. Sie könnte ihren Bruder wegen seiner Riesendummheit in der Luft zerreißen. Das Geld der Familie ist verloren! Ihr Bruder ist so ein Idiot! So ein Schwachkopf. Nein, er ist nicht länger ihr Bruder!

Da sagt die Mutter zu ihr, „Ich dachte, ich hätte dir beigebracht wie wichtig es ist zu lieben?!“ „Lieben?“ empört sich die Schwester, „was gibt es da noch zu lieben. Da gibt es nichts mehr zu lieben.“ „Oh doch! Da gibt es sehr wohl noch etwas zu lieben!! Hast du heute schon für den Jungen geweint? Ich meine nicht um deiner willen und der Familie willen, weil er das Geld verloren hat. Ich meine für ihn und was er durchmacht. Gott helfe ihm! Kind, wann denkst du sollte jemand am meisten geliebt werden, wenn er es gut gemacht hat und für alle leicht gemacht hat? Oh Nein, nein, das ist überhaupt nicht die Zeit. Sondern wenn jemand am tiefsten Punkt ist und nicht mehr an sich selbst glauben kann, weil die Welt ihn geschlagen hat. Wenn du jemanden misst, Kind, dann messe ihn richtig, messe ihn richtig. Und achte darauf, dass du die Hügel und Täler berücksichtigst, durch die er ging – dorthin, wo er jetzt ist. Wenn jemand versagt hat, wenn jemand tief enttäuscht ist, wenn jemand gefallen ist – dann ist es wichtig, dass man liebt. Es bleibt immer ein Grund, jemanden zu lieben. Und wenn du das nicht gelernt hat, hast du nichts gelernt.”

Was könnte schöner sein, als so geliebt zu sein!? Trotz Versagen und trotz Schuld geliebt zu sein zeigt uns, wie sehr wir auf diese Trotzdem-Liebe angewiesen sind. Es ist eben alles andere als selbstverständlich, so geliebt zu werden. Wenn ich über Liebe spreche, dann spreche ich über unverdiente Liebe. Kind, wann denkst du sollte jemand am meisten geliebt werden, wenn er es gut gemacht hat und für alle leicht gemacht hat? Oh Nein, nein… Sondern wenn jemand am tiefsten Punkt ist und nicht mehr an sich selbst glauben kann.

Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Lauf weiter mit Hoffnung im Herzen und Du wirst Deinen Weg niemals alleine gehen müssen.

Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. Römer 8,38f

You’ll never walk alone.

Liebe freut sich an der Wahrheit 1 Kor 13,6

Am 14. September 2012 erschien das 6. Album der Sängerin Pink. Es hat den Titel „The truth about love“ – die Wahrheit über Liebe. Das Album stieg in Australien, Österreich, Kanada, Deutschland, Neuseeland, Schweden und der Schweiz auf Platz eins. Im Jahr darauf tourte Pink durch Europa, Australien und Nordamerika. Es war die „Wahrheit über Liebe – Tournee.“ Das Thema Lied beginnt so:

Die Wahrheit über Liebe kommt 3 Uhr morgens, du wachst beschissen auf und nimmst dir einen Stift. Und du sagst dir, Ich werde das rausfinden, ich breche den Code, werde ihn aufgliedern. All die Fragen machen mich müde und jetzt ist es einfach ärgerlich, denn niemand hat die Antwort. Ich vermute, es liegt nun an mir, die Wahrheit über Liebe zu entdecken, wie sie kommt und geht.

Die Sängerin Pink ist nicht die erste, die sich über die Liebe Gedanken gemacht hat. Warum wollen Menschen die Liebe verstehen? Weil sie eine schmerzhafte Erfahrung gemacht haben? Wer hat noch nicht an der Liebe gezweifelt? Zur Wahrheit über die Liebe gehört auch die ganze Unwahrheit über die Liebe. Zur Wahrheit über die Liebe gehören die Lügen über die Liebe, die wir glauben. Zur Wahrheit über die Liebe gehört unsere Unsicherheit, was denn Liebe wirklich ist. Zur Wahrheit über die Liebe gehört auch, dass sie sehr oft fehlt, obwohl sie dringend nötig ist. Paulus hat auch einen Nr. 1 Hit über die Liebe geschrieben. 1. Korinther 13 ist alt und wird doch nie veralten. Dort steht in Vers 6 eine weitere bedeutende Wahrheit über die Liebe:

sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sie freut sich aber an der Wahrheit; Vers 6

Was genau meint er damit?

Der Liebende freut sich nicht über all das, was man Ungerechtigkeit und Unrecht nennt. Damit ist alles gemeint, was das Miteinander von Menschen bedroht und was Gemeinschaft belastet. Was Distanz zwischen Menschen schafft, was andere verletzt und beschämt, was böse und sündig ist, was gegen den Willen Gottes ist – alles das kann den Liebenden nicht froh machen. Es macht ihn traurig. Die Ungerechtigkeit provoziert die Liebe zum Handeln, wie es ab Vers 4 immer wieder beschrieben wird. Bei jedem Merkmal der Liebe geht es auch um ein Unrecht, um Böses – im anderen, in mir, in Gott -, das nach Liebe ruft, damit man bei einander bleibt. Diese Liebe ist die Kraft, am anderen festzuhalten trotz des Bösen, trotz des Unrechts und der Ungerechtigkeit. Die Wahrheit hilft dabei. Die Wahrheit über die Liebe und über Menschen hilft Liebenden, Beziehungen zu leben und zu erhalten.

Auf schockierend schöne Weise zeigt das Gleichnis vom verlorenen Sohn diese Liebe. Diese Liebe seines Vaters, der sich von Herzen freut über den heimgekehrten Sohn. Sein Sohn kriegt die Liebe seines Vaters nicht klein.

Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater und es jammerte ihn, und er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet’s; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Lukas 15

So dreist und lieblos, so unverschämt und respektlos der Sohn war, der Vater liebt ihn trotzdem. So geliebt bist du. Du kannst immer umkehren. Gott hört nicht auf dich zu lieben. Gott hält am Ja zu dir fest, auch wenn du es dir nicht vorstellen kannst. Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heißen sollen – und wir sind es auch! 1. Joh 3,1 Diese Liebe ist erstaunlich! Liebe ist zum Staunen da. Ich behaupte: das ist eine frohmachende Wahrheit. …sie freut sich aber an der Wahrheit. Der Liebende freut sich über diese Liebe dieses Vaters. Der Liebende freut sich an der Wahrheit: verlorene Söhne und Töchter erfahren Liebe.

Die Sängerin Pink sagt dann Lied in ihrem Lied, „Ich dachte es wäre perfekt, du bist die Person meiner Träume, ich war noch nie, nie, nie, nie so glücklich. Aber jetzt hat sich etwas geändert. Und die Wahrheit über Liebe ist, es ist alles eine Lüge. Ich dachte du wärst der eine und ich hasse es, Abschied zu nehmen.“

Ja, deine Liebe erweist sich erst als Liebe, wenn sie sich bewährt, wo du lieber Abschied nehmen würdest von einem Menschen. Liebe bewährt sich als Liebe wo nicht mehr ein Hauch schöner Gefühle im Spiel ist. Liebe muss sich bewähren im Leben, nur dann ist Liebe echt. Wahr ist das, was echt und verlässlich ist, worauf man sich verlassen kann. Wer sich auf Liebe verlassen kann, kann sich freuen. Denn Liebe bewährt sich in der Treue, wo Treue nicht selbstverständlich ist.

Ein sehr bekanntes Beispiel für diese Liebe, die den anderen nicht aufgibt sind zwei Herren. Stan Laurel und Oliver Hardy. Sie sind auch bekannt unter dem Namen Dick und Doof. Die beiden sind echte Freunde und echte Liebende. Ihr Miteinander ist ein Kaleidoskop an Krisen, Fehlern, Gemeinheiten, Rache und Bosheit. Sie hätte tausend Gründe getrennte Wege zu gehen. Aber sie trennen sich nicht. Egal, wie gemein und böse sie zueinander sind, sie bleiben Freunde. Nichts kann ihre Freundschaft zerstören. Wo es tausend Gründe gibt, sich zu trennen, findet die Liebe tausend Gründe, beim Geliebten zu bleiben. In allem, was sie miteinander erleben, sind sie nie nachtragend, sondern gehen versöhnt ihren Weg weiter als sei nichts gewesen. Ist das nicht wundervoll und erstaunlich? Diese beiden liebenswerten Tollpatsche sind für mich Vorbilder der Liebe Gottes, von der Paulus sagt: sie freut sich aber an der Wahrheit. Trennung ist für Stan und Ollie undenkbar. Ich glaube: Auch deshalb sind sie so beliebt. Diese unveränderliche Liebe wünschen sich alle Menschen, brauchen alle Menschen. Bei Gott selbst finden Menschen diese Liebe.

Shakespeare hat es so gesagt: „Die Liebe ist nicht Liebe, die sich ändert, wenn sie Veränderung vorfindet.“

Liebe trägt den Keim der Ewigkeit in sich. Diese Liebe, die am anderen festhält, zeigt Ruth ihrer Schwiegermutter Noemi.

Aber Ruth antwortete: Dringe nicht in mich, dass ich dich verlassen und mich von dir abwenden soll! Denn wo du hingehst, da will ich auch hingehen, und wo du bleibst, da will ich auch bleiben; dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott! Wo du stirbst, da sterbe auch ich, und dort will ich begraben werden; der Herr tue mir dies und das und noch mehr, wenn nicht der Tod allein uns scheiden soll! Als sie nun sah, dass sie sich fest vorgenommen hatte, mit ihr zu gehen, ließ sie davon ab, ihr zuzureden. Ruth 1,16-18

Ob es nun Worte und gute Gedanken sind wie die von Noemi oder Gemeinheiten und verletzendes Verhalten, das den anderen wegschickt und auf Distanz gehen lässt – der Liebende bleibt und sagt: Dringe nicht in mich, dass ich dich verlassen und mich von dir abwenden soll. Das ist treue Liebe, die am anderen festhält. Das ist die Liebe, mit der Gott sein Volk Israel liebt, das ihn tausendmal enttäuscht und verleugnet hat. Und trotzdem liebt er sein Volk. Trotzdem bleibt Gott sich in seinem Ja zu seinem Volk treu:

Der HERR ist mir erschienen von ferne: Ich habe dich je und je geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte. Jer 31,3

Vor dem Passafest aber erkannte Jesus, dass seine Stunde gekommen war, dass er aus dieser Welt ginge zum Vater. Wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende. Joh 13,1 Liebe ist Liebe, die bis ans Ende liebt.

„A true lovestory never ends.” Eine echte Liebesgeschichte endet nie. Auch dies gehört zur Wahrheit über die Liebe: „Jemanden zu lieben ist das Mutigste, was man tun kann.“

D. Bonhoeffer: „Die Liebe trägt nicht nach. Sie tritt dem anderen jeden Tag neu und mit neuer Liebe gegenüber und vergisst, was dahintenliegt – sie macht sie damit zum Spott der Menschen, zum Narren – und sie wird auch dadurch nicht irr – sondern sie fährt fort zu lieben. Ist sie denn gleichgültig gegen Recht und Unrecht? Nein, sie freut sich nicht der Ungerechtigkeit, sie freut sich aber der Wahrheit. Sie will die Dinge sehen, wie sie sind. Sie will lieber Hass und Unrecht und Lüge klar sehen als allerlei Masken der Liebenswürdigkeit, die doch wieder den Hass nur noch verbirgt und noch hässlicher macht. schaffen und sehen, sie freut sich der Wahrheit – denn nur in der Wahrheit kann sie aufs Neue lieben.“

Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns rein von aller Sünde. 1. Joh 1,7

Eine Lehrerin schreibt: Zweitklässler erzählen mir von den Ferien. Ich: „…und in den Sommerferien war ich nicht im Urlaub.“ Fünf Kinder, total erleichtert: „Ich war auch nicht im Urlaub, ich hab das nur so gesagt…“ Wir können wie diese Kinder lernen, ehrlich zu sein. Wir müssen es lernen. Im Licht leben heißt in der Wahrheit zu leben. In der Wahrheit leben stiftet Gemeinschaft. Mit den Wörtern wahr und Wahrheit bezeichnen wir in der Regel die Übereinstimmung zwischen einer Aussage und dem entsprechenden Sachverhalt. Nach hebräischer Auffassung ist Wahrheit jedoch eine Eigenschaft, die eine Sache oder Person oder ein Wort selbst hat oder nicht hat. »Wahr« ist etwas, wenn es hält, was es verspricht. »Wahrheit« meint Zuverlässigkeit, also: Beständigkeit und Treue (so wie wir von einem »wahren Freund« oder einem »wahren Wort« sprechen). Diese Art von »Wahrheit« kommt vor allem Gott zu. Entsprechend ist auch die Botschaft von Gott wahr, sofern darin die Liebe Gottes bekannt gemacht wird, die uns aus Schuld und Tod rettet.

Zur froh machenden Wahrheit gehört: Gott liebt dich. Du bist ein Sünder. Dich zu lieben ist nicht leicht. Deine Schuld ist vergeben. Du bist wertvoll. Du bist wichtig. Gott kennt dich. Du musst dich nicht schämen. Was du getan hast definiert dich nicht. Was andere über dich sagen oder denken definiert dich nicht. Was Gott über dich sagt definiert dich. Du bist es wert, alles zu ertragen, zu glauben, zu hoffen, zu dulden. Du lernst Liebe und Gott nicht über Erfolge kenne, sondern über Scheitern und Versagen. Liebe kannst du nicht verdienen. Liebe ist Geschenk.

So ist 1. Kor 13,6 sowohl eine Zusammenfassung der bisher genannten Eigenschaften der Liebe (Vers 3-5) und eine Begründung für Vers 7:  sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles.